DIE DRACHENINSEL

Eine wahre Geschichte und film story

Der Schwerpunkt liegt in dieser Filmgeschichte nicht auf dem Drachen; er ist nur aus Gründen der Attraktivität so stark betont. Es sind vielmehr die wahren  Begebenheiten von der dramatischen Rettung des Regenwaldes von Warir und die ganz dichte Beobachtung der Menschen im Dorf, welche hierbei die Hauptrolle gespielt haben. Beispielhafter, da sehr erfolgreicher, langfristiger Regenwaldschutz

In den Sumpfwäldern der Insel Warir am Rande der Tropenwildnis Neuguinea konnten bisher fünf Arten Warane, darunter die längste Eidechse der Welt, das „Baumkrokodil“ (Varanus salvadorii) aufgespürt und aus der Nähe beobachtet werden.

Nirgends in den feuchtheißen Tropen kommen mehr Waranarten auf so engem Raum vor: eine weitere noch unbenannte Art wurde kürzlich gesichtet und wird nun intensiv von Kamarudin, einem Papua gesucht.

Wie können all diese Echsen auf nur 15 Quadratkilometern nebeneinander existieren? Alle Waranechsen sind Jäger: sie schlagen kleine Känguruhs, Tauben und andere Vögel und Beuteltiere. Doch hat jede ihre eigene Lebensnische, die einen in den Baumkronen: Smaragdwaran, Baumkrokodil (doch nur kleinere Exemplare). Andere mehr am Boden ( auch die erwachsenen Baumkrokodile mit mehr als 4 Metern Körperlänge) oder in den Mangroven am Küstensaum.

Der sumpfige Regenwald von Warir blieb größtenteils völlig unberührt: im Zentrum der Insel stehen gewaltige Eisenholzbäume. Krontauben, Paradiesvögel, Vogelflügelfalter leben hier völlig ungestört von Menschen.

Ohne die ständige Begleitung der einheimischen Papuas wäre es unmöglich, sich in der unwegsamen Urwelt von Warir zurechtzufinden und die Warane zu finden. Ich kenne Warir von mehreren Reisen seit 1996. Erst vor eineinhalb Monaten habe ich die Insel erneut durchquert, zusammen mit Kamarudin, dem besten Buschläufer aus dem Dorf Kalobo am Küstensaum gegenüber der Insel. Es soll nun auch ein großes Gehege gebaut werden, für Studien und Dokumentation aus nächster Nähe.

Dies ist die eine Seite der Geschichte: die intakte faszinierende Wildnis mit dem Schwerpunkt Waranechsen.

Ebenso abenteuerlich – auf ganz andere Weise – war die Rettung des Lebensraums der Echsen vor der chinesischen Holzmafia. Die Firma Air Hidup hatte bereits 6 Bulldozer auf Warir gelandet, erste Schneisen waren bereits landeinwärts geschlagen, die Zerstörung hatte bereits begonnen. Über die Naturschutzgruppe Ecopapua in der Provinzstadt Sorong nahmen wir mit den Landeigentümern von Warir im Dorf Kalobo Kontakt auf. Besonders der hochbetagte Daniel Klasin – eine sehr eindrucksvolle Persönlichkeit – setzte sich für den Schutz des Waldes von Warir ein. Aber zu den traditionellen Landeigentümern gehört auch die Königsfamilie. Raja Taher Arfan und sein Klan waren zunächst auf Seiten der Holzfirma. In langen lebhaften Palavern in der Königsresidenz und im Dorf gewann dann die Schutzgruppe die Oberhand. Die deutsche Regenwaldstiftung GEO schützt den Regenwald versprach Kompensation und ein kleines Entwicklungsprogramm zur besseren Nutzung der Sagostärke aus dem Regenwald. Es wurde ein notarieller Vertrag geschlossen und die Ausgleichssumme (5.000,– Dollar) ausbezahlt. Die Holzfirma musste ihre Bulldozer von der Insel wieder abziehen. Der Wald war für die Waranechsen und all die andere wunderbare Fauna von Warir gerettet! Dieser Teil der Geschichte ist bereits gedreht. Ganz authentisch, so wie sie sich ereignet hat: ein einzigartiges Dokument für alternativen Regenwaldschutz gemeinsam mit den Papuas im Dorf.

Nun soll auch die weitere Entwicklung des Schutzvorhabens dokumentiert werden, das Sagoprojekt. Die wildwachsende Sagopalme bildet im Hinterland des Dorfes Kalobo auf der Insel Salawati gegenüber Warir sehr große Bestände. Sie werden nach traditionellen Methoden genutzt: das Mark der Palme wird von den Frauen ausgewaschen und das Stärkemehl in Blattpakten auf den Markt gebracht. Sago hat den höchsten Stärkegehalt und war vor dem Import von Reis aus Indonesien zusammen mit Süßkartoffeln und anderen Knollengewächsen die wichtigste Grundnahrung. Reis kostet Geld, während der Sago auf dem eigenen Land gedeiht. Das Vorhaben soll eine schonende Gewinnung und eine bessere Vermarktung fördern. Als Gegenleistung werden die Landeigner von Warir keiner Firma mehr Holzschlagrechte auf Warir zugestehen. Die Insel der Drachen wird geschützt bleiben ohne staatliche Schutzverordnungen. Diese würden als einschränkende Maßnahmen angesehen und nur befolgt, wenn der Saat auch ständige Wächter anstellen könnte – bei der chaotischen politischen und wirtschaftlichen Situation in Indonesien eine Utopie.

Warir mit seinen urtümlichen Echsen hat für die Einheimischen bis zur Gegenwart auch noch spirituelle Bedeutung, welche den Schutz wesentlich bestärkt. Daniel Klasin und Kamarudin, der eine Christ, der andere Muslim äußern sich zu diesem Thema im harmonischen Dialog. In Kalobo leben Angehörige beider Religionen, Papuas und indonesische Einwanderer ohne Spannungen zusammen. Mit Genehmigung der Landeigentümer durften Einwanderer von Südsulawesi (Buton) sogar eine kleine Fischersiedlung anlegen, am Küstensaum von Warir. Dicht davor liegt die kleine Randinsel Kassim Raja mit den Überresten des Palastes der Rajas und den Gräbern der Raja-Familie, im Schatten riesiger Feigenbäume.

An dieser Geschichte ist nichts erfunden oder über die Maßen dramatisiert; die echte mit uralter Tradition verwobene Tropenatmosphäre kommt voll zur Geltung. Und ebenso das dramatische Geschehen, wie der Einbruch der Zerstörung von dieser Urwelt abgewendet werden konnte, in einer einzigartigen Zusammenarbeit von Naturschützern mit der Dorfgemeinschaft: so blieb weitaus der größte Teil von Warir bewahrt – als Refugium der Waranechsen.

Auf der Bulldozerschneise haben schon die ersten jungen Bäume Wurzeln geschlagen, die Wunden vernarben rasch, die Dynamik der tropischen Natur ist ungebrochen. Die enge, ungezählte Generationen zurückreichende Beziehung der Papuas zu ihrer Umwelt blieb trotz des Umbruchs der Lebensweise im Dorf weiterhin lebendig.

Ich möchte diese Dokumentation mit maximal einer Stunde Länge verwirklichen, weil sie eindringlich deutlich macht, wie die zauberhafte, aber noch kaum erforschte Natur der letzten großen Tropenwildnis am Rande der Südsee durchaus eine gesicherte Zukunft haben kann – entgegen all den düsteren Prognosen.

Athen, am 20. Mai 2003

Dr. Thomas Schultze-Westrum

Eco Communications

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